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Jahresempfang 2023

15. Februar 2023

„Er fehlt!“ In zwei knappen Worten fasste Liza Heilmeyer, sichtlich bewegt, in ihrer Begrüßungs­rede zum BDA Neujahrsempfang im Mozartsaal der Stuttgarter Liederhalle ihre Trauer über den Tod von Arno Lederer zusammen. Es waren die richtigen Worte! Viel ist seit seinem Tod über Arno Lederer gesagt und geschrieben worden. In Stuttgart, seiner Heimat, wo man ihn vielleicht besser kannte als sonst irgendwo, reichten Heilmeyers wenige, unter Tränen hervorgebrachten Worte, um die Gefühlslage aller versammelten Kollegen zu beschreiben: „Er fehlt!“

An was es hingegen nicht fehlt, das machte der weitere Verlauf von Heilmeyers Rede klar, sind die Herausforderungen, denen sich die Architektenschaft aktuell und wohl auch noch für lange Zeit gegenübersieht. Es fielen die bekannten Schlagworte: Bauwende, Fachkräftemangel, Baukosten­explosion und Überbürokratisierung. Überraschend stellte Heilmeyer dann jedoch mit dem Thema KI – Künstliche Intelligenz – noch einen weiteren Elefanten in den Raum. Die Präsentation gelang anschaulich, indem sie auf ein alternatives, per KI erstelltes Redemanuskript umschwenkte. Klar, der Text strotzte vor hohlen Phrasen, als berufspolitische Sonntagsrede wäre er allerdings problem­los durchgegangen.

Wer schon einmal gesehen hat, wie kinderleicht sich mit den ersten Open-Source-KIs im Internet auch Architektur-Entwürfe erstellen lassen, dürfte um das tradierte Berufsbild unserer Branche bangen. Noch sind die atmosphärischen Visualisierungen, die dabei entstehen, vor allem eine Spielerei für Instagram und Pinterest. Der Schritt zum 3D-Drucker dürfte aber nicht mehr weit sein. Der (Alb-)Traum einer wirklich partizipativen, allein von den Nutzern generierten Architektur wäre damit Wirklichkeit.

Vor diesem Hintergrund wirkte die eigentliche Festrede unter dem Titel „Ethik und Ästhetik“ des Münchner TUM-Professors und Leiters des Münchner Architekturmuseums, Prof. Dr. Andres Lepik, fast ein bisschen überholt. Unter Berufung auf die Arbeiten von Francis Kéré, diversen DesignBuild-Projekten deutscher Hochschulen in Afrika und einen schweifenden Blick auf das vielversprechende Werk der bangladeschischen Architektin Marina Tabassum prognostiziert er einen „Social Turn in der Gegenwartsarchitektur“. Dass einige der von Lepik vorgestellten Projekte aus der letzten, mitunter auch vorletzten Dekade stammen, weckt leise Zweifel. Es spricht viel dafür, dass unsere Gegenwart und nahe Zukunft vor allem von einem neuen, KI-getriebenen „Digital Turn“ beherrscht sein wird. Viel Stoff zum Nachdenken für einen Montagvormittag im Januar!

Uwe Bresan